Geschichte

Das Karl-Bröger-Haus erzählt eine Geschichte von Arbeit, Stolz, Widerstand und Neuanfang. Man kann sie jedoch nicht erzählen ohne die Entstehung der „Fränkischen Tagespost“. Sie informierte ab 1871 Bewohner in und um Nürnberg über die Fragen und Themen der Zeit. Nach mehreren Umzügen und Wechseln an der Spitze bekam die beliebte Zeitung mit der Fränkischen Verlagsanstalt und Buchdruckerei GmbH eine neue Herausgeberin. Jetzt fehlte nur noch ein passendes Zuhause. So entstand 1930 das modernste und höchste Gebäude von Nürnberg, das heute ein HAUS FÜR ALLE geworden ist.

Die Fränkische Verlagsanstalt - Postkartenmotiv von 1930 - schwarzweiß

Karl-Bröger-Haus

Zuhause und Zukunftsbau

Ende der 1920er plante der bekannte Nürnberger Architekt Hans Müller gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Karl Kröck das später nach Karl Bröger benannte Haus. Modern und funktional sollte es sein. Denn die Nürnberger Sozialdemokratie, die Arbeiterwohlfahrt und die „Fränkische Tagespost“ brauchten ein neues Zuhause. So orientierte man sich am Bauhausstil mit seinen typischen Merkmalen wie einfachen klaren Formen, viel Glas und einem flachen Dach.

Jahr 1929

Nürnbergs modernstes Gebäude

Bei seiner Fertigstellung galt es – dank seiner Architektur und den sechs Stockwerken – als modernstes und höchstes Haus von Nürnberg. Außerdem war es eines der ersten Stahlträgergebäude und damit sehr robust – vielleicht ein Grund, warum es die Kriegszeit fast ohne Schäden überstand. Am 11.  Oktober 1930 eröffnete der damalige Reichskanzler Hermann Müller-Franken das Haus als „zweckmäßigsten und schönsten Bau“ der deutschen Arbeiterschaft.

Jahr 1930
Das sanierte Haus wird solide, kein Prunkbau, sondern ein wuchtiger Zweckbau. Es wird dem Sozialen, der Demokratie und der Sozialdemokratie dienen.

Sonderausgabe Fränkische Tagespost 1930 zur Eröffnung des neuen Gebäudes

„Stürmische“ Zeiten

Zweieinhalb Jahre nach der Eröffnung stürmten in der Nacht vom 9. auf den 10. März 1933 die Nationalsozialisten unter dem Kommando von Julius Streicher das Verlagshaus. Sie verboten die „Fränkische Tagespost” und zerstörten das Inventar. Anwesende Redakteure brachte man ins KZ Dachau. Das Haus war nun fest in den Händen der Nazis. Sie ließen hier zeitweise ihre Zeitungen wie die „Fränkische Tageszeitung” und das Hetzblatt „Der Stürmer” drucken.
Jahr 1933

Wiederaufbau und Neuanfang

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielten die Sozialdemokraten ihr Haus zurück – beschädigt, aber zumindest nicht zerstört. Um den Wiederaufbau machte sich der langjährige Vorsitzende der SPD Nürnberg August Meier verdient. Durch die Vermietung an verschiedene Unternehmen und Ämter ging der Wiederaufbau schnell voran. So konnte Meier ein weiteres großes Ziel verwirklichen: die Wiederaufnahme der „Fränkischen Tagespost”. Sie erschien wieder ab 1946.

Jahr 1945

Tiefe Einschnitte

Die 1950er Jahre standen ganz im Zeichen von Aus- und Umbau: 1956 erweiterte man das Gebäude um zwei Wohnhäuser – eine weitere Einnahmequelle. Leider konnte dies nichts an der wirtschaftlichen Lage der Fränkischen Tagespost“ ändern. Die Auflage ging stetig zurück. 1971 verabschiedete man sich schließlich voller Wehmut von seinen Lesern. – Ein tiefer Einschnitt für die Geschichte des Hauses und die Mitarbeiter, die jedoch beinahe alle bei den „Nürnberger Nachrichten” unterkamen.

Jahr 1950

Veranstaltungen im Druckbereich

Eine Ära geht zu Ende, eine neue beginnt: Ende der 1990er wurde die ehemalige Druckhalle zum Veranstaltungssaal umgebaut. Weitere Sitzungszimmer machten das Veranstaltungszentrum komplett. 2007 sorgte der langjährige Vorsitzende der SPD Nürnberg und heutige Bürgermeister Christian Vogel für die Wiederherstellung der historischen Außenbeleuchtung. Ab diesem Zeitpunkt war das nach wie vor sehr moderne Gebäude als „Karl-Bröger-Haus“ bekannt.

Jahr 1997
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Ein Haus für Alle - mit Untertitel (Sanierung 2021)

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Ein Haus für Alle - mit Gebärdensprache (Sanierung 2021)

Mehr Vielfalt, weniger Barrieren

In den Jahren 2020 bis 2022 sanierte man die Stockwerke 1 bis 6. Denkmalschutz und die Geschichte des Hauses spielten dabei eine wichtige Rolle. Modern und funktional, das sollte es weiterhin sein und für möglichst viele Menschen nutzbar. Deshalb entfernte man die meisten Barrieren  und machte das Gebäude zu einem „Haus für alle“. Davon profitieren heute verschiedenste Organisationen mit ihren Büroräumen, Veranstalter und natürlich jeder einzelne Besucher: ob groß, ob klein – ob mit Behinderungen oder ohne.

Jahr 2020

100 Jahre Karl-Bröger-Haus

Das Karl-Bröger-Haus war schon immer seiner Zeit voraus und passte sich stets an neue Gegebenheiten an. Durch Tiefen und Höhen führte es diejenigen, die hier ihr Zuhause fanden. 2030 feiert es sein 100jähriges Bestehen mit einem großen Fest, das die Beständigkeit des Hauses und die Vielfalt seiner Bewohner hervorheben wird. Eigentümer, Mieter und die Bewohner von Nürnberg werden „ihr“ Karl-Bröger-Haus mit verschiedenen Events und Projekten hochleben lassen.
Jahr 2030

Die rote Burg - ein Film der Medienwerkstatt Franken

Es ist Nürnbergs großes rotes Wahrzeichen, ein Symbol für die sozialdemokratischen Werte Freiheit, Gleichheit, Solidarität und bis heute ein offenes und modernes Gebäude: das Karl-Bröger-Haus. In ihrem Film wirft Julia Riese von der Medienwerkstatt Franken einen Blick zurück. Aber nur, um in einem Hier und Jetzt anzukommen, in dem die Vision von Vielfalt mehr denn je Bestand hat. Verschiedene Akteure kommen zu Wort und erzählen über geschichtliche Anfänge, die große Sanierung und wie aus der roten Burg ein HAUS FÜR ALLE wurde.

Karl Bröger

Sozialdemokrat, Stadtrat und Arbeiterdichter

Auch wenn sich nicht lückenlos klären lässt, wann und wie genau das einst höchste Gebäude von Nürnberg zu seinem Namen kam – kein anderer Name würde besser zu ihm passen. Ein Sozialdemokrat durch und durch, Politiker und talentierter Arbeiterdichter: Karl Bröger war eine der prägenden Gestalten der SPD Nürnberg und der Fränkischen Verlagsanstalt.

Vom Bauarbeiter zum Lyriker

Am 10. März 1886 in Nürnberg geboren, lernte er zunächst den Beruf des Kaufmanns. Sein Geld verdiente er aber als Bauarbeiter. Schon früh entdeckte Karl Bröger sein Talent zum Schreiben. Er veröffentlichte Lyrikbände und arbeitete als Redakteur bei der „Fränkischen Tagespost“.

Ab 1924 war Karl Bröger Mitgründer des Gaues Franken des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ und wirkt als Schriftsteller und Redner für den republikanischen Schutzbund. Zu dieser Zeit veröffentlichte er in der „Fränkischen Tagespost“ wöchentlich die „Stachelhecke“. In dieser satirischen politischen Serie richtete er sich mehrfach gegen die Nazis.

Gezeichnetes Porträt von Karl Bröger im Alter von 24 Jahren

Politisches Wirken und Widerstand

1933 wählte man Karl Bröger zum Stadtrat. Kurz darauf stürmten die Nazis das Druckhaus der „Fränkischen Tagespost“. Karl Bröger und weitere Redakteure mussten ihre Arbeit sofort niederlegen und wurden ins KZ Dachau gebracht. Nach kurzer Zeit kam Karl Bröger wieder frei, dachte aber nicht an Emigration. Er wollte ihn Nürnberg bleiben und weiter als Schriftsteller arbeiten. Die Nazis beobachteten ihn und sein Schaffen weiter, wie ein geheimes SS-Verzeichnis belegt. 

Genosse und Dichter bis zum Tod

1943 beschädigte eine Bombe das Haus von Familie Bröger so schwer, dass sie fliehen musste. In Kalchreuth kamen sie schließlich im Gasthaus „Drei Linden“ unter. Dort stand Karl Bröger weiter in Kontakt mit seinen Freunden und Genossen der SPD, welche die Nazis verboten hatten. Gegen Ende dieses Jahres brach der Kehlkopfkrebs aus, an dem er am 4. Mai 1944 verstarb.

Eine ausführliche Biografie erhalten Sie über die Geschäftsstelle der Karl-Bröger-Gesellschaft. Auch seine Werke sind in der Geschäftsstelle einsehbar.
Karl-Bröger-Gesellschaft

Titelseite der Fränkischen Tagespost vom 19. Juli 1929

Lied der Arbeit

Ungezählte Hände sind bereit,
stützen, heben, tragen unsre Zeit.
Jeder Arm, der seinen Amboß schlägt,
ist ein Atlas, der die Erde trägt.

Was da surrt und schnurrt und klirrt und stampft,
aus den Essen glühend loht und dampft,
Räderrasseln und Maschinenklang
ist der Arbeit mächtiger Gesang.

Tausend Räder müssen sausend gehn,
tausend Spindeln sich im Kreise drehn,
Hämmer dröhnend fallen, Schlag um Schlag,
daß die Welt nur erst bestehen mag.

Tausend Schläfen müssen fiebernd glühn,
abertausend Hirne Funken sprühn,
daß die ewige Flamme sich erhellt,
Licht und Wärme spendend aller Welt.

Karl Bröger
Historische Aufnahme der Arbeit in der Druckerei der Fränkischen Tagespost - heute befindet sich in diesen Räumlichkeiten der Veranstaltungssaal des Karl Bröger Haus
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